Alkohol ist das weitaus gebräuchlichste Suchtmittel in unserer Gesellschaft und – neben Nikotin auch die gängigste Einstiegsdroge. In Deutschland gibt es ca. 2 bis 2,5 Millionen Menschen, die so stark vom Alkohol abhängig sind, daß sie dringend einer Behandlung bedürfen. Dazu kommen weitere 4 bis 5 Millionen sogenannte Problemtrinker wie der Konflikttrinker und der Gelegenheitstrinker. Diese gelten jedoch im Sinne der Sozialgesetzgebung nicht als krank.
Über drei Viertel aller erwachsenen Bundesbürger trinken mindestens einmal pro Woche Alkohol, ca. ein Drittel der Erwachsenen trinken sogar täglich. Lediglich eine Minderheit von ungefähr 10 Prozent der erwachsenen Bevölkerung lebt vollkommen alkoholabstinent. Die Normalität des Alkoholkonsums zeigt sich auch darin, daß man ihn bei uns in der BRD in jedem Lebensmittelgeschäft kaufen und in jeder Gaststätte bestellen kann. Das ist nicht überall so. In vielen Ländern wie z. B. den USA oder Großbritannien kann man Alkohol nur in bestimmten Läden kaufen und auch nur in Gaststätten mit einer speziellen Alkohollizenz bestellen. In der Bundesrepublik ist dagegen Alkohol sogar in den meisten Großbetrieben während der Arbeitszeit erhältlich.
Es ist daher nicht verwunderlich, daß angesichts dieser enormen Verbreitung und Verfügbarkeit der Alkohol in der Regel das erste Suchtmittel darstellt, mit dem Jugendliche in Berührung kommen. Das Einstiegsalter liegt derzeit zwischen 6 und 10 Jahren und ist somit niedriger als bei Zigaretten und anderen Drogen.
Die meisten Menschen kennen die positiven Wirkungen des Alkohol. Man schätzt seine beruhigende und entspannende Wirkung, z. B. nach einem besonders anstrengenden Tag.
Trinkt man jedoch zuviel, fällt der Blutdruck deutlich ab, die motorischen Reflexe werden verlangsamt, die Körperwärme und die Atemfrequenz sinken. All dies sind objektive Belege für die dämpfende Wirkung des Alkohols.
Rein subjektiv empfinden die Konsumenten das jedoch genau entgegengesetzt:
Sie fühlen sich angeregt, stark und tatkräftig. Ursache für diese paradoxe Wirkung ist, daß die Vorgänge und Substanzen im Gehirn, die für Ängste und Hemmungen zuständig sind, eingedämmt werden. Alkohol enthemmt also, und obwohl seine pharmakologische Wirkung beruhigend ist, wird er als stimmungsanregend und befreiend empfunden.
Dieses angenehme und subjektive Erleben erklärt auch seine Beliebtheit:
“Das Fell versaufen“, einen Schnaps zur Verdauung, einen Grog zum Aufwärmen, der Aperitif zum Essen, der Absacker, der Piccolo für den Kreislauf, der Einstand, der Gute – Nacht – Trunk und viele andere Anlässe sprechen eine klare Sprache: Schöne Situationen werden noch schöner und schlimme Situationen werden erträglicher durch Alkohol.
Das Lernen durch „positive Verstärkung“ gehört zum Normalverhalten des Menschen und ist kein Zeichen für sich krankhaft
entwickelnde Verhaltensmuster. Wird also der Genuss von Alkohol und seiner stimmungsaufhellenden, entspannenden und enthemmenden Wirkung als positiv erfahren, wird diese Erfahrung tief im
Unterbewusstsein gespeichert. Steht dem keine „negative Verstärkung“ gegenüber, kommt es zur Wiederholung dieser angenehmen Trinkerfahrung
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